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AutorenbildSönke Stiller

Einfache Beipackzettel – geht das?



Medikamente: Gut, dass es sie gibt. Sie können Leben retten oder die Lebensqualität verbessern. Aber sie können auch gefährlich sein. Falsch dosiert oder in der falschen Kombination eingenommen, kann ein Medikament sogar tödlich wirken.


Deshalb ist es wichtig, dass Ärztinnen und Apotheker erklären, wie man ein Medikament richtig nimmt. Und das tun sie auch. Aber wer merkt sich schon alles? Und da kommt der Beipackzettel ins Spiel. Eine kleine Erinnerungshilfe aus Papier, die mir sagt, wie ich ein Medikament richtig einnehme? Ach ja, schön wär’s!


Unverständliche und ungenaue Ungetüme

In Wahrheit sind Beipackzettel Ungetüme aus einem halben Meter klein gefaltetem, eng bedrucktem Papier. Der Text: Fachchinesisch. Fremdwörter, lange Sätze und Spezial-Vokabeln. Außerdem Dinge, die man wissen muss, um sie zu verstehen. Beispiel: Wenn eine Nebenwirkung „gelegentlich“ auftritt, dann meint das eine Wahrscheinlichkeit von höchstens 1 %.


Das wäre nicht ganz so schlimm, wenn wenigstens die wichtigsten Informationen klar und verständlich wären. Aber leider sind sie oft ungenau. Auch hier ein Beispiel:

„Vor dem Essen mit reichlich Flüssigkeit zu sich nehmen.“

Was bedeutet das?

Nach Feierabend mit einer Flasche Bier herunterspülen? Und zwei Stunden später Abendessen zu sich nehmen?

Mit einer Tasse heißem Kaffee herunterschlucken und ein Stück Kuchen dazu essen?

Beides kann gefährlich sein: Sowohl Alkohol als auch Koffein können die Wirkung eines Medikaments verändern. Auch ein heißes Getränk kann zum Beispiel eine Weichkapsel zu früh auflösen.

Gemeint ist stattdessen ganz konkret ein Glas kühles Wasser und mindestens eine halbe Stunde vor einer Mahlzeit. Warum steht da nicht einfach „Nehmen Sie die Tablette 30 bis 60 Minuten vor dem Essen. Trinken Sie dazu ein Glas Leitungswasser.“?


Machen Sie es kurz und konkret

Ein Team an der Universität des Saarlandes um Prof. Thorsten Lehr hat die gleiche Beobachtung gemacht. Das Ziel des Teams: Auf ein A4-Blatt müssen die wichtigsten Infos passen. Was nicht passt, kann man über einen QR-Code online nachschlagen. Und sprachlich muss das Info-Blatt für Laien verständlich sein.


Die Schlussfolgerungen der Forscher lesen sich wie eine Anleitung für einen Text in Einfacher Sprache:

· Machen Sie die Information so konkret wie möglich.

· Nennen Sie die wichtigsten Informationen, streichen Sie unwichtige Informationen.

· Nutzen Sie so wenige Fremdworte wie möglich.


Dem kann ich mich nur anschließen und dem Team von Prof. Lehr einen herzlichen Dank für diese wichtige Arbeit aussprechen.


Holen Sie sich Hilfe

Ja, es ist schwierig: Packungsbeilagen von Medikamenten sind streng normiert und werden für die ganze EU geschrieben. Das weiß ich. Das bedeutet aber nicht, dass wir alle uns fügen müssten und mit unverständlichen Texten leben müssen. Kreative Lösungen sind möglich. Und natürlich auch politisches Engagement.


Mein dringender Appell an die Pharma-Branche lautet: Holen Sie sich Expertinnen für Einfache Sprache ins Haus. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter schulen. Oder lassen Sie sich Beipackzettel von einer Agentur für Einfache Sprache neu schreiben. Wie auch immer Sie es machen: Tun Sie es. Ihre Informationen sind wichtig. Sorgen Sie dafür, dass sie verstanden werden!


Herzliche Grüße

Sönke Stiller

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