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  • AutorenbildSönke Stiller

DIN Einfache Sprache - ein Interview

Ralf Häder vom Spaß am Lesen Verlag hat als Experte am Entwurf der DIN 8581-1: Einfache Sprache - Anwendung für das Deutsche mitgewirkt. Dieser steht nun zur Kommentierung zur Verfügung. Wir haben ein Interview mit Herrn Häder geführt, um mehr über die Notwendigkeit dieser Norm für Einfache Sprache zu erfahren.


An welche Zielgruppe richtet sich die DIN 8581-1: Einfache Sprache - Anwendung für das Deutsche?


Die DIN 8581-1 Einfache Sprache richtet sich sowohl an das Fachpublikum, das z.B. in Übersetzungsbüros für Einfache Sprache arbeitet, als auch an die Allgemeinheit, die mit dem Thema Einfache Sprache in Berührung kommt. Ziel jedes Normierungsprozesses ist es, sich auf verbindliche und verlässliche Standards zu einigen, damit sich Laien und Fachpersonal zweifelsfrei informieren, diskutieren und Entscheidungen bezüglich ihres Umgangs mit der entsprechenden Norm treffen können. So sind uns allen die DIN-Normen zur Papiergröße bestens vertraut, ohne die genauen Blattmaße kennen oder benennen zu müssen. Mit der DIN 8581-1 befinden wir uns beim Thema Einfache Sprache in diesem Prozess.


Warum ist eine einheitliche Norm für Einfache Sprache in der deutschen Sprache so wichtig?


Wenn wir Fachpersonal nach wichtigen Regeln für Formulierungen in Einfacher Sprache fragen, bin ich mir sicher, dass wir ganz unterschiedliche Vorstellungen und Notwendigkeiten benannt bekommen. Das ist durchaus verständlich und war auch in unserem großen Expertengremium sehr häufig festzustellen.


Und genau aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass wir uns auf einen wichtigen Mindeststandard einigen können, der uns einen Rahmen, eine Verbindlichkeit und auch eine Zusammengehörigkeit gibt. Allein die Initiierung dieses Normierungsprozesses zur Einfachen Sprache verdeutlicht die Wichtigkeit unseres gemeinsamen Anliegens. Mit der DIN-Norm werden wir und unser Anliegen viel besser wahrgenommen, werben wir für die Belange unsere Leserinnen und Leser und gehen wieder einen Schritt in die richtige Richtung.


Was bewerten Sie gerade an der vorliegenden Norm positiv?


Es geht in 26 Seiten fokussiert um die Lesenden. Bereits im Punkt „Allgemeines“ wird klargestellt, dass Texte in Einfacher Sprache „gebrauchsfreundlich und konsequent auf die Zielgruppe“ ausgerichtet sein müssen. Hier wird mehr als eine Technik beschrieben. Es wird eine Haltung verdeutlicht, die man als Grundvoraussetzung beim Verfassen von Texten in Einfacher Sprache an den Tag legt.


Wie läuft eine Entwurfsentwicklung mit Experten ab: Wie lange wird diskutiert? Wer hat alles mitgewirkt?


(lächelt) Bei dieser Frage muss ich direkt schmunzeln, weil ich noch nie so lebhaft, intensiv aber auch langwierig diskutiert habe. Es wurde um kleinste Teilaspekte gerungen, wissenschaftliche Bedeutungen vorgebracht, subjektive Einschätzungen kundgetan. Dabei hatten der Wunsch und das Ziel für einen größtmöglichen Konsens immer Bestand. Immer wieder haben unsere zeitlichen Planungen nicht ausgereicht um häufig mehr als 150 Kommentare zu diskutieren und letztlich zu entscheiden.


Das war eine wertvolle Erfahrung auch für mich persönlich.


Wo sehen Sie selbst noch Verbesserungsbedarf im Entwurf, was würden Sie persönlich ändern?


Lassen Sie mich die Frage mit einem Beispiel beantworten. Grundsätzlich ist die DIN-Norm vergleichbar mit einem Gesetzestext. Nehmen wir den gesetzlichen Mindestanspruch auf Urlaub, der in Deutschland bei 24 Werktagen liegt. Weniger Urlaubstage zu gewähren kann rechtlich angefochten werden. Viele tarifgebundene Branchen haben mehr Tage vereinbart. In betrieblichen Vereinbarungen kann der Urlaubsanspruch darüber hinaus gehen und durch einzelvertragliche Regelungen nochmals übertroffen werden.


Bei unserer Norm zur Einfachen Sprache haben wir uns jetzt auf ein Mindestmaß verständigt, auf das jeder sich beziehen und auf dessen Grundlage Texte entstehen und an dessen sie gemessen werden können. Allein der Mindeststandard wird uns in vielen Bereichen noch nicht ausreichen. Hier werden wir weiter an Optimierungen arbeiten müssen und noch bessere Lösungen entwickeln.


Sind zukünftig weitere Normen geplant, in Arbeit oder beantragt?


Diese Norm hat die Kennung 8581-1. Dabei steht die 1 für den ersten Bereich. Danach können weitere Teilgebiete folgen, zu denen Standards entwickelt werden.

Ich bin auch als Deutscher Experte beim internationalen Gremium zur Plain-Language beteiligt. Hier haben wir in diesem Jahr den Teilbereich 2 zur Plain Language bei wissenschaftlichen Texten angestoßen und diskutieren weitere Arbeitsfelder. Ähnlich könnte die Entwicklung in Deutschland voranschreiten.


Danke für das Gespräch!



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