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Was leistet die KI-Übersetzung in einfache Sprache von Eye-Able?

Autorenbild: Sönke StillerSönke Stiller
Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant. Auch im Bereich der Leichten und Einfachen Sprache gibt es zahlreiche Angebote. In letzter Zeit sehe ich immer häufiger Webseiten, die auf die KI-Übersetzung von Eye-Able setzen. Darüber hatte ich in Fachkreisen noch nichts gelesen. Deshalb war ich neugierig und habe es mir genauer angeschaut.

Gefunden habe ich das Tool ursprünglich auf mehreren Websites. Eine davon war die Website der Caritas Oberhausen.


Bedienung

An und für sich ist es ganz einfach: Man klickt auf den Knopf, die Website "arbeitet" kurz und man bekommt einen übersetzten Text angezeigt. Will man wieder die ursprüngliche Webseite sehen, klickt man wieder auf den Knopf. Das ist einfach.


Nicht ganz so einfach sind Beschreibungen, die den Knopf und seine Funktion erklären sollen:


Von Standardsprache zu einfacher Sprache:

Diese Seite in einfacher Sprache anzeigen. Die Übersetzung wird mit Hilfe der Eye-Able KI erstellt.

Und wieder zurück:

Die originale Seite wieder anzeigen. Die Einfache Sprache wird deaktiviert und der originale Text wieder angezeigt.

Was fällt mir auf?

  1. Einmal ist von "einfacher Sprache" und einmal von "Einfacher Sprache" die Rede.

  2. Der Beschreibungstext ist nicht einfach. "Eye-Able KI", "deaktiviert", in beiden Texten eine Passivkonstruktion. Na ja.


Außerdem ist der Knopf, den man drücken muss, manchmal verdeckt. Ich habe es mit verschiedenen Bildschirmen ausprobiert:

Mobile Ansicht der Webseite der Caritas Oberhausen

In der mobilen Version wird mir das Tool erst angezeigt, wenn ich beginne, auf der Seite zu scrollen.

Desktop-Ansicht der Webseite der Caritas Oberhausen

Am Laptop und auch auf dem großen Bildschirm ist der Knopf für die einfache Sprache hinter einem anderen Knopf versteckt. Gar nicht so einfach, den richtigen Knopf anzuklicken.


Zwischenfazit: Die Funktion selbst ist sehr einfach zu bedienen. Die Erklär-Texte sind nicht so einfach und leider ist der Knopf zum Übersetzen nicht immer gut zu sehen.


Wie gut ist der Text?

Die Frage aller Fragen lautet jedoch: Wie gut ist der Text, den die KI erzeugt?


Das Niveau der übersetzten Texte ist sprachlich sehr einfach. Es ist näher an der Leichten Sprache, als an der Einfachen Sprache. Da Eye-Able auf Barrierefreiheit spezialisiert ist, überrascht das nicht. Qualitativ sind weite Passagen gut geschrieben. Aber es gibt immer wieder Fehler oder wirklich unschöne Formulierungen. Hier zwei Beispiele:


Beispiel 1:

Original

Übersetzung in einfache Sprache

Bevor Ihr Kind in die Fördergruppe aufgenommen werden kann, wird die Hamburger Schreibprobe (HSP)  in den Klassen durchgeführt. Kinder mit einem  unterdurchschnittlichen Wert sind förderberechtigt.

Bevor Ihr Kind in eine besondere Gruppe zum Lernen kommt, machen alle Kinder einen Test. Der Test heißt Hamburger Schreib-Probe.

Kinder, die nicht so gut abschneiden, dürfen in die Gruppe.

Bei der Formulierung "nicht so gut abschneiden" denke ich in Einfacher Sprache - und erst recht in Leichter Sprache - an ein Kind mit einem Messer in der Hand.


Beispiel 2:

Original

Übersetzung in einfache Sprache

Mit unserem Dienst "Teilhabe | Assistenz | Wohnen" helfen wir Menschen mit einer geistigen Behinderung, die in privatem Wohnraum leben.

Wir helfen Menschen mit einer Behinderung im Kopf. Diese Menschen leben in ihren eigenen Wohnungen oder Häusern.

"Menschen mit einer Behinderung im Kopf" ist eine unmögliche Formulierung. Auf Anfrage schreibt die Caritas Oberhausen dazu:

[Dass] wir derartige Abweichungen bzw. missverständliche Begriffe wie „Behinderung im Kopf“ oder das beschriebene „abschneiden“ sehr unglücklich finden. [...] Wir haben (bislang) keine Möglichkeit, um direkt in die Übersetzung einzugreifen oder diese zu beeinflussen.

Inzwischen wurde die Formulierung "Behinderung im Kopf" auf der Website geändert. Das ist also doch möglich, aber dazu gleich mehr.


Zwischenfazit: Die Texte sind gut als Arbeitserleichterung für einen Menschen, der sie danach prüft. Für eine ungeprüfte Veröffentlichung sind sie aber nicht gut genug.


Wird der Text eigentlich live übersetzt? Oder kann ein Mensch korrigieren?

Ich habe mir diese Frage gestellt, weil die Seite kurz lädt, wenn man auf den Knopf für einfache Sprache drückt. Laut Auskunft von Eye-Able ist es aber anders: Die Texte werden einmal erzeugt, gespeichert und nur dann erneuert, wenn sich am Originaltext etwas ändert.


Das bedeutet auch, dass eine nachträgliche Kontrolle der Texte möglich ist. Diese Funktion wurde allerdings nicht von Anfang an in das Tool eingebaut, sondern nachgerüstet. Die Caritas Oberhausen gehörte zu den ersten Kunden, die das Tool genutzt haben. Das erklärt die obige Antwort.


Auf Anfrage empfiehlt Eye-Able eine menschliche Kontrolle ausdrücklich:

"Während wir versuchen, die Erstübersetzung durch die KI so verständlich und robust wie möglich zu gestalten, ist eine manuelle Kontrolle immer empfohlen. Unsere Empfehlung ist bei der Veröffentlichung von neuen Inhalten auf der Webseite mindestens einmal als Webredakteur*in die Übersetzung zu prüfen und Fehler bei Bedarf zu korrigieren."

Weiter empfiehlt Eye-Able die Überprüfung des Textes durch Menschen aus der Zielgruppe oder durch Menschen mit einer fachlichen Ausbildung für Leichte Sprache oder Einfache Sprache.


Das ist übrigens auch der Grund, weshalb die Übersetzung als "einfache Sprache" bezeichnet wird und nicht als "Einfache Sprache" oder "Leichte Sprache": Eine Übereinstimmung mit DIN 8581-1 oder mit dem Regelwerk der Leichten Sprache (zu dem zwingend eine Prüfung gehört), kann das Tool nicht garantieren.


Eye-Able schreibt weiter:

Es ist möglich die vereinfachten Texte nur nach Freigabe auf der Webseite auszuspielen. Es ist möglich die vereinfachten Texte nur nach Freigabe auf der Webseite auszuspielen.

Mit anderen Worten: Das Tool ermöglicht eine Bearbeitung durch einen Menschen, aber eine manuelle Freigabe ist nicht zwingend. Das Tool kann also auch ganz ohne menschliche Freigabe genutzt werden.


Fazit: Das Tool von Eye-Able ist spannend, macht vieles richtig und ist - richtig angewandt - eine große Arbeitserleichterung für Redaktionen. Kritisch sehe ich, dass es möglich ist, die Texte ohne Freigabe zu veröffentlichen. Es ist wie so oft bei KI-Lösungen für Textbearbeitung: Es braucht am Ende einen qualifizierten Menschen, der das Ergebnis liest, bewertet und dort verbessert, wo es nötig ist.

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