Ich schaute mich neulich auf der Website eines Museums um, das über die Römer informiert. Gemeint ist die Zivilisation, die sich in der Antike bis in Teile des heutigen Deutschlands ausgebreitet hat. Warum dieser Hinweis wichtig ist, lesen Sie gleich.
Jedenfalls begegnete mir auf der Website ein Text in Leichter Sprache. Ich freue mich immer, wenn ich Texte in Leichter Sprache entdecke, denn dann hat sich da jemand schon mal Gedanken über Barrierefreiheit gemacht. Dachte ich. Bis ich den Text las.
Auf die erste Freude folgte das Rätselraten
Nach dem Einstieg mit einer Aussprachehilfe folgte der erste inhaltliche Satz: „Römer sind Menschen“ - ohne Satzzeichen. Ich war ratlos. Was will mir dieser Satz sagen? Dass die Bewohner der Stadt Rom auch nur Menschen sind? Der nächste Satz lautete: „Sie haben vor langer Zeit gelebt.“* Ach was, in Rom lebt niemand mehr?! Der dritte Satz: „Auch in Deutschland.“ Meine Verwirrung war komplett. Rom lag mal in Deutschland? Oder reichte Deutschland bis Mittelitalien? Oder gab es eine große Community von Römern hier bei uns, die inzwischen aber wieder ausgewandert ist?
Erstaunlich, dachte ich. Zugleich wuchs aber auch meine Ratlosigkeit. Denn es wurde leider nicht viel besser. Seltsame Worttrennungen („an-schauen“, „ver-reisen“), nicht erklärte Begriffe wie „Gladiator“ und grundsätzlich eine indirekte Ansprache („die Menschen“ statt „Sie“) sind nur einige Beispiele für gravierende Mängel des Textes.
Die wichtigsten Infos fehlen
Auf der anderen Seite fehlten inhaltlich wichtige Infos: Wie komme ich hin? Gibt es Öffnungszeiten? Was kostet mein Besuch? Wo bekomme ich Tickets? Nichts davon stand im Text in Leichter Sprache.
Ich schaute mich weiter auf der Website um. Auf der Website in Standardsprache fand ich – etwas versteckt, aber immerhin – die Info, dass es auch einen Audioguide in Leichter Sprache gäbe. Zwei Gedanken schossen mir durch den Kopf:
1. Ich hoffe, der Audioguide ist besser geschrieben als die Website in Leichter Sprache.
Und 2.: Warum stand davon nichts auf der Website in Leichter Sprache?
Schlecht für den Ruf der Leichten Sprache
Ich musste einsehen: Hier hat sich niemand Gedanken gemacht. Diese Website in Leichter Sprache ist nicht nur keine große Hilfe für ihre Leserinnen, sie ist sogar schädlich. Denn sie bestätigt Vorurteile mancher Menschen, die glauben, Leichte Sprache sei Leuteverdummung. In diesem Fall traf das leider zu – nicht wegen der Leichten Sprache, sondern wegen eines schlecht geschriebenen, undurchdachten Textes.
Also schrieb ich die Betreiber der Website an, schilderte die Mängel und bot meine Hilfe an. Sagen wir es mal so: Es war kein kleiner, ehrenamtlich geführter Verein, sondern eine Organisation von gewisser Größe und Reputation. Ich dachte: Die können ja gar nicht anders, als irgendwie zu reagieren. Weit gefehlt. Es kam nichts. Weder eine Antwort, noch änderte sich etwas auf der Website. Ich fand das beschämend. Warum macht man ein Angebot in Leichter Sprache, wenn einem die Qualität des Textes so offenkundig völlig egal ist?
Ideen für konstruktive Kritik?
Und mich würde interessieren: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie über wirklich schlechte Texte in Leichter Sprache stolpern? Ich wäre vor allem an Beispielen für erfolgreiche, konstruktive Kritik interessiert. Haben Sie schon einmal den Herausgeber einer Broschüre, Website, … angerufen / angeschrieben und was ist dann passiert?
*Disclaimer: Ich habe den zweiten und den dritten Satz so verändert, dass der Sinn erhalten bleibt, aber bei der Suchmaschine Ihres Vertrauens keinen korrekten Treffer mehr verursacht. Ich will niemanden bloßstellen. Deshalb enthält mein Text auch keine Angaben zum Ort, zum Namen des Museums oder zur Domain.
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